6. Dezember 2020 (St. Nikolaus)

Schriftwort: Sacharja 9, 9+10

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.

Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.

Liebe Schwestern und Brüder,

Jetzt haben wir die erste Woche im Advent in diesem so außergewöhnlichen Jahr schon erlebt. Kommt sie auf, die sonst so vertraute Stimmung? Bekommen wir den Kopf frei für die Adventsbotschaft oder überlagert sie der Alltag mit seinen Beschwerlichkeiten? Hören wir die Botschaft? Wissen wir noch, worum es im Advent eigentlich gehen sollte? Worum es eigentlich geht? Wenn die Verunsicherung immer größer wird, zu viele auf einmal immer lauter durcheinander reden und ihren Senf dazu geben, überhören wir sie leicht, diese besondere Botschaft des Advents. Oder wir sind der Meinung, dass diese für die Herausforderungen des Alltags wenig hilfreich sei. Ein Blick in die Heilige Schrift zeigt, dass das keine Erscheinung unserer Zeit ist.

Das war auch nicht anders, als die Nachgeborenen der Verbannten des Volkes Israel ihre Stadt Jerusalem und den Tempel wieder aufgebaut hatten. Viele Generationen lang hatte dieser Wiederaufbau aus den Ruinen gedauert. Die Zeiten waren einfach nicht besser geworden. Denn das Volk Israel stand all die Jahre unter fremder Herrschaft, wurde gedemütigt und erniedrigt. Spielball waren sie in den Machtkämpfen der großen Reiche, mussten ihre Männer als Soldaten der Fremdmächte in den Krieg gehen sehen.

Noch dazu bohrten die alten Fragen weiter: Wie konnte es damals zu dieser Katastrophe kommen? War sie eine Strafe Gottes gewesen oder hatte Gott sogar verloren gegen die babylonischen Götter? Jede Menge Verunsicherung bei den einen, gleichgültiges Schulterzucken bei den meisten anderen. Zu diesen Menschen sprach der Prophet Sacharja.

Wie viele Menschen werden da gedacht haben: Was für ein Esel! Der meint das doch nicht ernst! Ein ärmlicher Eselreiter – König soll die Welt retten und endlich Frieden bringen? Braucht es nicht mutige, verwegene Männer und tapfere Frauen mit Herz und Verstand, um die Welt in Ordnung zu bringen?

Aber nix da: Ein Eselreiter soll die Feinde entwaffnen und aller Welt Frieden gebieten! Als ob der nur den Hauch einer Chance hätte!

Und das alles soll ein Grund zum Jubeln sein? Gehört nicht ein grober Klotz auf einen groben Keil? Das ist doch unsere Erfahrung! Das läuft doch immer so.

Und doch pflanzt sich das Bild vom armen Eselreiter – König ein ins Herz. Es weckt die Sehnsucht, dass es eine echte Alternative gibt zum ewigen Kräftemessen und Kämpfen. Es weckt die Sehnsucht, dass Gott selbst eingreifen wird auf ganz ungewöhnliche Weise, mit einem König, der aus der Welt gefallen ist und gerade deshalb die Welt in Ordnung bringen wird.

Diese Sehnsucht wuchs in den Herzen der Menschen, langsam, sehr langsam. Wieder dauerte es Generationen, längst waren die alten Herrscher gegangen und neue an die Macht gekommen – die Römer. Auch nicht besser als die alten, anders, aber kein bisschen weniger herrisch. Und immer war noch nichts zu sehen vom Friedenskönig, der die Freiheit bringen sollte.

Stattdessen lag das Kind in der Futterkrippe im Stall. Noch so ein Ereignis, so ein Bild, nicht von dieser Welt. Noch einmal ein Menschenleben lang dauerte es, bis das erwachsen gewordene Kind sagt: Jetzt ist es soweit. Jetzt geht durch mich in Erfüllung, was Sacharja vor Jahrhunderten ankündigte.

Wie viele werden da wie damals gedacht haben: Was für ein Esel! Der meint das doch nicht ernst! Der redet sich noch um Kopf und Kragen!

Aber nach und nach kamen sie sich selbst wie Esel vor, als sie miterleben durften, wie ER Kranke heilte und den Ärmsten der Armen die frohe Botschaft verkündete, die ihnen Kraft und Mut schenkte.

Als ER dann selbst tatsächlich auf einem Esel in Jerusalem einritt, wurde die uralte Verheißung des Propheten Wirklichkeit. Der Eselreiter – König wurde umjubelt als Messias des Volkes. Doch gerade als alle jubelten, war es schon wieder vorbei. Es schien so, als ob all die Besserwisser und Schlauberger von damals und heute, die mit dem groben Klotz und dem groben Keil, recht behalten sollten bis in alle Ewigkeit. Der Eselreiter – König Gottes hatte gegen die Mächtigen nicht den Anflug einer Chance, sondern landete am Kreuz!

Erst waren es nur ganz wenige, die kurze Zeit später erkannten: Was da geschehen war auf Golgatha, das war nur das letzte hirnlose Aufbäumen der Todesmacht, der letzte scheinbare Sieg der Gewalt. Der Tod höchstselbst musste kapitulieren vor dieser Sanftmut, dieser augenscheinlichen Ohnmacht des eselreitenden Königs. ER, der keinen groben Keil brauchte, sondern einfach die Wärme seiner Liebe auf den Klotz scheinen ließ, bis dieser sich von ganz allein spaltete.

Der Gescheiterte geht aus der Katastrophe als Sieger hervor. Welch ein Jubel erfasste die Menschen und bald schon wuchs aus ihm eine neue, noch größere Sehnsucht. Auf wahrhaften Frieden auf der ganzen Welt, Versöhnung aller Feinde, eben auf SEIN Friedensreich. Das Beste kommt noch, lässt uns der HERR hoffen. Und bis dahin ist ER unter uns schon lange am Werk. Er baut mit einfachen, tapferen Menschen an SEINEM Friedensreich, in Ohnmacht und Sanftmut, aber unermüdlich und durch niemanden und nichts aufzuhalten.

Dass ER dazu auf Wegen geht, auf die wir Menschen nie im Leben gekommen wären und über alles hinaus, was wir uns vorstellen können, das sagt uns der Prophet Sacharja, das lebte uns Jesus vor und darauf hoffen wir – in diesem Advent ganz besonders.

Amen

Gebet:

HERR unser Gott, Du Erlöser der Welt, komm zu uns mit Deiner sanften Macht, die wir so oft unterschätzen. Erfülle uns mit der Hoffnung auf Deine Zukunft.

HERR, unser Gott, wir bitten Dich für alle Menschen, die in unserer Welt Not leiden, die Gebeugten und Gedemütigten, schenke ihnen Kraft und Mut und helfende Mitmenschen.

HERR, unser Gott, wir bitten Dich für alle, die in dieser Adventszeit nicht zur Ruhe kommen, die Angst vor der Zukunft haben. Lass sie das Licht Deiner Liebe sehen können, das ihnen den Weg weist.

HERR, unser Gott, wir bitten Dich für alle, die der alten Verheißung Deines Kommens nicht mehr glauben können. Befreie sie aus ihrer Begrenzung und weite ihre Herzen.

Amen

Beten wir das Vaterunser:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit

in Ewigkeit

Amen

Es segne uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

AMEN