Von Pfarrer e.v. Reichmann, Pößneck

Text: 1. Korintherbrief, 14, 1+3

Paulus schreibt: Das soll also euer Ziel sein:
ein Leben, das von der Liebe bestimmt wird. Bemüht euch aber auch um die Fähigkeiten, die uns durch Gottes Geist gegeben werden, und wenn ich das sage, denke ich vor allem an die Gabe des prophetischen Redens. Wenn jemand
eine prophetische Botschaft verkündet, richten sich seine Worte an die Menschen; was er sagt, bringt ihnen Hilfe, Ermutigung und Trost.

Gedanken zum Text:

In diesem Abschnitt aus dem 14. Kapitel des Römerbriefs schreibt Paulus darüber, was in einem Gottesdienst geschehen sollte. Genau das ist auch gegenwärtig ein viel diskutiertes Thema, sicher nicht nur in der evangelischen Kirche.
Denn die Zahl der Teilnehmer ist allerorts gut überschaubar. Das ist für manche mit Blick auf die Zukunft besorgniserregend. Weshalb ist das so? Einige haben eine einfache und schnelle Antwort: Es sei die Form des Gottesdienstes, die Liturgie, die die Menschen befremde. Sie verstünden sie nicht sofort, wenn sie als Außenstehende
zum allerersten Mal einen Gottesdienst miterlebten. Sicher: Sich im Gottesdienst zurecht zu finden, das ist Übungssache. Aber wer wirklich will, der lernt es in ganz kurzer Zeit. Wenige Gottesdienstbesuche reichen aus.
Das erlebe ich immer wieder. Nicht sehr häufig, leider, aber es kommt durchaus vor, und
niemand von diesen Menschen beschwert sich über die Unverständlichkeit der Liturgie. Die Frage wäre also viel interessanter und wichtiger:

Weshalb kommen die Menschen zum Gottesdienst?

Was erwarten sie, wünschen sie sich,
möchten sie mitnehmen in ihren Alltag?

Die Antwort gibt Paulus: Ein von Gottes Geist getragenes Wort, das sie persönlich anspricht, sie
anrührt und ihnen Hilfe, Ermutigung und Trost zuspricht für die Herausforderungen ihres Lebens.
Ja, es sind die Menschen, die spüren, dass ihnen die Begegnung mit dem Heiligen neue
Kraft und neuen Mut schenkt. Sie kommen zum Gottesdienst, manche oft, viele andere immer
wieder zu Weihnachten, weil ihnen eine „Jahresration“ ausreicht. Das entscheidet Gott
sei Dank jeder selbst. Denn Gottesdienst als „Pflichtveranstaltung“, wie es in früheren Zeiten
einmal war, kann ja wohl auch keine Option sein. Gegen die Angst vor „kleinen Zahlen“
hilft ebenfalls ein Blick in die Bibel. Jesus sagt:
„Wo zwei oder drei Menschen in meinem Namen zusammenkommen, da bin ich selbst in ihrer
Mitte.“ (Basis Bibel Übersetzung)

Stadtkirche Pößneck, Chorraum: Darstellung „Wölfe im
Schafspelz“? Foto: Privat (J. Reichmann)

Gedanken zum Bild :
Hilfe, Ermutigung und Trost für die Herausforderungen und Tiefen ihres Lebens suchen die
Menschen in der Kirche und im Gottesdienst. Das war nicht anders im ausgehenden Mittelalter,
als der Chorraum der Pößnecker Stadtkirche entstand. Am Ende der westlichen Gewölberippen
bekommt durch die Kunst der Steinmetze ein Gesicht, wovor sich die Menschen damals fürchteten: der Teufel und seine Helfershelfer, die Dämonen – die oft als tierische Symbolgestalt dargestellt wurden. Hier sehen
wir einen unschuldig dreinblickenden Schafskopf, hinter dem sich gleich zwei Wolfsköpfe
mit überdimensionalen Zähnen verbergen.

Heimtücke und Hinterlist verstecken sich geschickt hinter aufgesetzter Freundlichkeit. Der
bösartige Dämon der Falschheit entfaltet seine zerstörerische Wirkung für unser Zusammenleben.
Das erleben wir auch heute leider immer wieder. Dieser Dämon hat zeigt sich zwar auch
in der Kirche, aber er hat hier keine Macht mehr. Die Gewölberippe, die ihn niederdrückt,
kommt von der Mitte des Sterngewölbes her.
Und dort ist groß und strahlend das Symbol des auferstandenen Christus zu sehen. Die mittelalterliche
Bildsprache schenkt auf ihre Weise zeitlos Hilfe, Ermutigung und Trost.

Gebet:

HERR, unser Gott, wir danken DIR, dass DU
DEINEN Himmel offen hältst für alle Menschen.
In DEINEM weiten Horizont lass uns
auf unsere Welt, unseren Nächsten und uns
selbst schauen und handeln.

HERR, wir bitten DICH für alle Menschen, die
DEINEN Himmel nicht sehen können, weil sie
die Hölle erleben müssen: den Hunger oder
auch die Willkür selbstherrlicher Despoten.
Steh ihnen bei HERR, mit DEINEN himmlischen
Kräften.

HERR, wir wir bitten DICH für alle Menschen,
deren Blick zum Himmel verdunkelt wird
durch Krankheit, Trauer und Sorgen um die
Gesundheit lieber Mitmenschen. Schicke ihnen
einen Sonnenstrahl der Hoffnung.

HERR, wir bitten DICH für alle Menschen, deren
Blicke immer öfter besorgt zum Himmel
gehen, weil sie leiden unter der Klimaveränderung.
Schenke Einsicht und kluge Entscheidungen
im Großen und im Kleinen, damit DEINE
Erde bewahrt werde.
Schenke uns DEIN Erbarmen, damit DEIN
Reich komme. Amen
Beten wir das Vaterunser:
Vater unser im Himmel
geheiligt werde Dein Name
Dein Reich komme
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf
Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir
vergeben unseren Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse
uns von dem Bösen
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die
Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen
Es segne uns der allmächtige und barmherzige
Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
AMEN