von (ev) Pfarrer Jörg Reichmann Pößneck
Schriftwort: Matthäus 11, 28 – 30
Jesus spricht: „Kommt her zu mir, die ihr müde seid und ermattet von der übermäßigen Last! Aufatmen sollt ihr und frei sein. Fügt euch dem Willen Gottes, wie ich mich ihm füge. Ich herrsche nicht über euch, sondern gehe mit euch den unteren Weg. Ihr werdet den Frieden finden. Was ich euch zumute, ist nicht hart, und was ihr tragen sollt, nicht schwer.“ (Übersetzung: Jörg Zink)
Liebe Schwestern und Brüder,
Sie kennen dieses Jesuswort sicher eher in dieser Übersetzung: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“, spricht Jesus. Die schöne alte Sprache hat ihren Reiz, ohne Zweifel. Aber sie befremdet uns auch, weil die Worte, auf die es ankommt, vom Aussterben bedroht sind: „mühselig sein“ und vor allem „erquicken“. So spricht heute im Alltag kaum mehr jemand.
Jesus aber sprach die Sprache des einfachen Volkes, damit ihn alle verstehen konnten. Und so lesen wir SEIN Wort heute in unserer gegenwärtigen Sprache, auf den Punkt gebracht von Jörg Zink.
Wir spüren schon beim Lesen: Welch sanfter Trost liegt in diesen Worten Jesu. ER lädt ein, bietet einen Rückzugsort an für die Müden, die einfach nicht mehr können. Die wieder und wieder alles gegeben haben, um das Nötigste zum Überleben zu erarbeiten. Jesus bietet einen Rastplatz an für alle, die zu schwer an der Last ihres Lebens zu schleppen haben. ER macht Mut, die Last abzulegen und an der Quelle des Lebens Rast zu machen auf dem beschwerlichen Weg. Aufatmen, innehalten, aufschauen, sich besinnen. ER möchte, dass die Angespannten und die Hektischen zur Ruhe kommen und die Muße finden, darüber nachzudenken, was sie eigentlich wollen und was ganz sicher nicht.
„Kommt her zu mir, die ihr müde seid und ermattet von der übermäßigen Last!“ spricht Jesus den Menschen zu, die bei ihm Zuflucht suchen – damals und heute. Ganz besonders hat ER die Menschen im Blick, deren Not zum Himmel schreit, denen die Last ihres Lebens die Luft zum Atmen nimmt. Vor der Corona – Krise konnten wir sicher sein: Solche existenzbedrohende materielle Not gab es in unserem Land Dank unseres Sozialsystems nicht. Davon hätten die Menschen zurzeit Jesu nur träumen können und tun es heute noch in sehr vielen Ländern – nicht nur auf der Südhalbkugel unserer Erde. Jetzt, wo sich die wirtschaftlichen Folgen der Krise für viele Menschen abzuzeichnen beginnen, ist es eine riesige Herausforderung für die gesamte Gesellschaft geworden, materielle Notlagen ganzer Berufsgruppen abzufangen. Da kann niemand mehr sagen, das geht mich nichts an.
Und Jesus kann es sowieso nicht ertragen, wenn die Reichen und Wohlhabenden einfach über die Not der Armen hinwegsehen. Da kann ER ausgesprochen zornig werden und sein „Wehe Euch“ über ihnen ausrufen. Jesus weiß, aber auch, dass die Not sehr viele Gesichter hat – längst nicht nur das Materielle.
Er weiß, dass manche Last und manche Not die Menschen niederdrücken, ohne dass das die äußeren Umstände zu erkennen geben. Lasten, die auf die Seele drücken, die Menschen traurig oder wütend machen oder abstumpfen lassen. Die zerstrittenen Familien, in denen alter Streit zu gegenseitiger Ablehnung und Hass eskaliert ist. Die einsamen Alten, die unter der kaltherzig berechnenden Art ihrer Kinder leiden.
Die Kinder, die mit Spielzeug überhäuft und mit teurem Elektronikkram ruhig gestellt werden und niemanden haben, der ihnen wirklich zuhört, weil sich die Eltern nur um sich selber drehen. Die Jugendlichen im „schwierigen Alter“, die nur als störend empfunden werden, wenn sie eigene Wege ausprobieren wollen in der Gemeinde. Die Not hat viele Gesichter und ER sieht sie alle.
ER kennt auch die Menschen mit den seelischen Wunden, die nicht heilen können. ER kennt die, die von einer Schuld geplagt werden. ER weiß um die ideologisch Verführten, die religiös Verkommenen, um alle, denen geistige und seelische Gewalt in welcher Form auch immer angetan wurde.
„Kommt her zu mir, die ihr müde seid und ermattet von der übermäßigen Last! Aufatmen sollt ihr und frei sein.“ , sagt Jesus. Bei IHM brauchst du nicht den Schein zu wahren, musst nicht immer nur weiter durchziehen, kannst so sein, wie du wirklich bist und ohne Scheu zeigen, wie du dich fühlst. Das befreit dich und du kannst wieder ohne Vorwürfe, Zweifel und Angst in den Spiegel schauen. Du kannst ja sagen zu deinem Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Denn du weißt: Auch wenn du den unteren Weg gehen musst, auf dem du dich elend und allein fühlst, bist du dennoch nicht allein. Denn Jesus geht mit und hilft dir Menschen zu finden, an denen du Halt finden kannst.
Jemand, der dir wirklich zuhört, mit Verständnis für deine Situation. Jemand, der sich Zeit nimmt und dir vertraut, dann wächst auch das Vertrauen ins Leben und das Vertrauen zu dir selbst und zu Gott.
Von Henry Maske, ehemaliger Boxweltmeister, war zu lesen, dass er schon während seiner Karriere sozial benachteiligten Jugendlichen unter die Arme gegriffen hat. Nach dem Ende seiner erfolgreichen Laufbahn ist daraus eine feste Sache geworden. Er hatte erkannt, dass solchen Jugendlichen nicht mit gelegentlichen Wohltaten zu helfen ist. Hilfe muss Bestand haben. Henry Maske gründete einen Fond, aus dem Lernwerkstätten und Wohnheime finanziert werden. Dort leben und arbeiten Jugendliche, die von anderen als „echte Problemfälle“ eingestuft werden, weil sie im ihren Kindertagen nicht die nötige Liebe ihrer Familie erfahren konnten.
In den Wohnheimen finden sie Erzieher und Sozialarbeiter, die ihnen zuhören, die mit ihnen gemeinsam ihre Stärken entdecken und entwickeln und ihnen durch Bildungsangebote eine Zukunft eröffnen, auf die sie sich freuen können. Gott sei Dank gibt es Menschen wie Henry Maske in dieser unserer Gesellschaft, in der so viele ausschließlich an sich selber denken. Ich weiß nicht, ob Henry Maske in der Kirche ist, ob er sich als Christ versteht oder ob er überhaupt ein gläubiger Mensch ist. Aber das ist in zweierlei Hinsicht weniger von Bedeutung: Zum einen wissen wir aus Erfahrung, dass der EWIGE nicht auf die Kirchenmitgliedschaft und die korrekte Wiedergabe des Glaubensbekenntnisses achtet, wenn ER einen Menschen in seinen Dienst ruft. Manchmal erkennen diese Menschen SEINEN Ruf gar nicht, handeln aber ganz in SEINEM Sinn.
Und zum anderen werden die aufgefangenen Jugendlichen sehr wahrscheinlich nicht nach den biblischen Texten fragen. Aber was sie erleben, was ihnen geschieht, ist gelebter Glaube, gelebte Bibel. Denn es liegt auf der Hand, dass Henry Maskes Einstellung und Handeln dem Willen Jesu entspricht: allen Müden und von der übermäßigen Last ihres Lebens Ermatteten eine Adresse anzubieten, an die sie sich wenden können, einen Ort, an dem sie Zuflucht finden und damit zu sich selbst.
Jesus spricht: „Kommt her zu mir, die ihr müde seid und ermattet von der übermäßigen Last! Aufatmen sollt ihr und frei sein. Fügt euch dem Willen Gottes, wie ich mich ihm füge. Ich herrsche nicht über euch, sondern gehe mit euch den unteren Weg. Ihr werdet den Frieden finden. Was ich euch zumute, ist nicht hart, und was ihr tragen sollt, nicht schwer.“ (Übersetzung: Jörg Zink) Amen
Gebet:
HERR unser Gott, Du hast uns den Auftrag gegeben, mehr als nur zu reden von Dir, dass die Menschen aufatmen können, Hoffnung haben, Dir vertrauen können.
Lass Frieden werden HERR, in unseren Worten und Taten, schenke uns die Gemeinschaft, die wir zum Leben brauchen und die wir so oft aufs Spiel setzen.
Den Hunger stille und der allgegenwärtigen Angst, zu kurz zu kommen, wehre durch Deine überschwängliche Liebe.
Die Mächtigen dieser Welt leite durch Wahrheit, die Großmäuligen bringe zur Einsicht und hilf allen, die im Alltag anderen zu Hilfe kommen.
Beten wir das Vaterunser:
Vater unser im Himmel
geheiligt werde Dein Name
Dein Reich komme
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit
Amen
Es segne uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
AMEN