Text: Matthäus 14,23 (Lehrtext der Herrnhuter Losungen zum 19. Februar 2023)

Als Jesus das Volk hatte gehen lassen, stieg ER auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war ER dort allein.

Gedanken zum Text

Eine Atempause – wer wünscht die sich nicht in dieser aufwühlenden Zeit? Seit der Pandemie kommen wir nicht mehr wirklich zur Ruhe. Wie hatten wir gehofft, in absehbarer Zeit zur „Normalität“ zurück zu kehren… Gut, die Seuche scheint im wesentlichen überstanden zu sein. Aber es kommt doch immer noch etwas Erschütterndes „dazu“ – erst der Krieg und seine Folgen, jetzt die dramatische Naturkatastrophe in der Türkei und Syrien. Höchste Zeit für eine Atempause! Ich bin beeindruckt von denen, die diese Atempause in der „fünften Jahreszeit“ finden, denen es gelingt, ihre Sorgen in fröhlichen Veranstaltungen weit weg zu lachen. Lachen befreit, so heißt es ja. Jeder und jedem sei der Spaß von Herzen gegönnt, auch der nach Aschermittwoch. Andere finden ihre Atempause beim Wintersport in den wenigen noch schneesicheren Gebieten, in denen meist auch Trubel und Hektik herrschen. Allein auf einem Berg zu sein, wie Matthäus von Jesus erzählt, ist da wohl nur außerhalb der Lift – Betriebszeiten möglich – und nur für Menschen empfehlenswert, die die Risiken einschätzen können. Sicher ist es kein Zufall, dass Jesus auf den Berg ging, um SEINE Atempause zu nehmen. Denn die Berge ziehen den Blick nach oben und lassen die Nähe des EWIGEN spürbar werden. Aber letztlich muss der Ort für eine Atempause mit Gott kein Berg sein. Wichtig ist nur, ungestört sein zu können, ohne Ablenkung durch irgendwen oder irgendetwas, am wenigsten durch Smartphone und Co. Können wir das überhaupt noch – und wollen wir es? Nach meinem Eindruck sollen wir es gar nicht wollen. Denn die „Digitalisierung“ aller Lebensbereiche wird uns immer und immer wieder als die neue alternativlose Heilslehre verkauft, die alles „schneller“ und damit besser und leichter mache. Schnelllebiger bestimmt und leichtsinniger auf jeden Fall, das ist meine Beobachtung. Inwieweit das „besser“ sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis. Keinesfalls ist es „besser“ als die Sorgen und Freuden des Lebens ganz für sich und am besten in der Stille vor Gott zu bringen, so wie Jesus es getan hat. Jedenfalls dann, wenn wir eine wirkliche Atempause brauchen.

Gedanken zum Bild:

Nur ein Wintermorgen kurz nach Sonnenaufgang bietet solch eine Stimmung: Der Raureif auf dem Gras des Weges erzählt von der Kälte der vergangenen Nacht, ebenso wie der Nebel, durch den das Licht der aufgehenden Sonne über den Horizont gestreut wird. Eine tiefe Stille liegt über der Landschaft. Jedes kleine Geräusch wird hörbar, wie das sanfte Knirschen der vereisten Grashalme unter den Schuhen. Hier ist heute noch niemand anderes entlang gelaufen. Ein neuer Tag, ein unberührter Weg und einen Augenblick anhalten, die Stimmung spüren – auch das ist eine unverhoffte Atempause, die sich ganz zufällig ergeben hat. Mich hat sie zum Nachdenken angeregt. Haben die Alten nicht recht gehabt, die sagten: Es ist eben nicht egal, wie wir den neuen Tag beginnen? Freilich kommt im Arbeitsleben viel Routine ins Spiel, die Abläufe sind geübt und bewährt. Dagegen ist rein gar nichts einzuwenden, denn Routine gibt Sicherheit und verhindert, dass wir irgendwie in den Tag hineinstolpern. Aber, so dachte ich an jenem Wintermorgen, wäre es nicht gut, in diese Routine auch eine kurze Atempause „einzubauen“? Für manche ist das schon längst zur guten Gewohnheit geworden. Sie lesen zu Beispiel die Herrnhuter Losung für den Tag oder andere kleine Texte zur Besinnung oder finden ihre eigene Art der Stärkung. Alle sagen, dass danach den Weg durch den Tag anders erleben, auch wenn wir nicht wissen können, was er uns bringt. Womit wir wieder beim Bild wären: Es ist nicht zu erkennen, worauf wir zulaufen. Aber sicher ist: Der Himel ist hell, hell genug, dass wir den Weg vor unseren Augen gut erkennen können.

Gebet:

HERR, unser Gott, wir danken DIR für alle Lebensfreude, die sich auch in der „fünften Jahreszeit“ Bahn bricht, dass Menschen unbefangen miteinander lachen können und für fröhliche Anliegen Ideen entwickeln und Zeit und Kraft einsetzen.

Barmherziger Gott, wir bitten DICH für die vielen um uns und in der Ferne, die in diesen Tagen überhaupt nichts zu lachen haben, denen das Weinen und Klagen viel näher ist. Stelle ihnen Menschen zur Seite, die ihre Tränen trocknen und ihre Ängste in Geborgenheit wandeln.

HERR, unser Gott, schenke DU uns DEIN Licht, dem wir auf unserem Weg folgen können. Für die, die keine Kraft mehr haben, gib uns ein tröstendes und ermunterndes Wort – und wenn wir mit ihnen schweigen müssen, dann halte uns alle in DEINER väterlichen Hand.

Barmherziger Gott, wir haben aus unserer Geschichte lernen müssen, dass kein Mensch ein Mittel hat, die Welt zu heilen und dass jeder, der es behauptet, nur ein falscher Prophet ist, der seine Interessen über alles stellt. Nur DU allein kannst uns Zukunft schenken in der Kraft DEINES Geistes, der Leben verheißt und schafft.

HERR, unser Gott, wir bitten DICH, bewege unsere Herzen, schärfe den Verstand und öffne unsere Hände um zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Hilf, dass aus Hass und Verachtung Offenheit und Achtung werden.

Barmherziger Gott, wir bitten DICH um Worte der Vergebung für alle, die schuldig wurden. Wehre dem Bösen und wandle in Segen, was wir verderben. Hilf, dass alle DEINE Güte erkennen, besonders die, die zu tragen haben an uns oder ihrem Schicksal. Reiche den Sterbenden DEINE väterliche Hand und führe sie in DEINE Ewigkeit.

HERR, unser Gott, nimm uns dafür in DEINEN Dienst mit unseren Gaben und Grenzen, in unserer Vielfalt und Eigenheit, damit wir die Zeit, die DU uns zum Leben schenkst, in DEINEM Sinne miteinander und füreinander nutzen. Wecke in uns die Kräfte, die heilen und helfen in DEINEM Geist.

Erbarmender Gott, erhöre uns.

Amen.