Text: Matthäus 5, 44+45 (Monatsspruch Juli)

Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.

Gedanken zum Text:
Hin und wieder höre ich bei der Vorbesprechung eines Nachrufs den Satz: „Er oder sie hatte keine Feinde.“ „Ja, so soll es sein“, denke ich dann, „aber erscheint im Rückblick nicht manches schöner als es in Wirklichkeit war?“
Denn das Leben lehrt uns anderes: Wohl jeder hat in seinem Leben irgendwann einmal mit einem Menschen zu schaffen, der ihm nichts Gutes will und auch nicht wünscht – aus  welchen Gründen auch immer. Wenn es sich irgendwie möglich machen lässt, geht er dieser Person weiträumig aus dem Weg. Das ist immer noch besser, als wenn der Konflikt eskaliert. Aber liebenswert ist diese Person deshalb noch lange nicht. Liebenswert, das heißt, der Liebe wert zu sein – das macht mich nachdenklich. Braucht es einen Wert, um geliebt zu werden? Wenn ja, wer legt den fest? Wer bestimmt den Wert, der zu lieben ist und woraus besteht er? Manche lieben beispielsweise ihr Auto – und manche ihre Freiheit und wieder andere beides zusammen – oder auch ganz anderes. Eine Einheitlichkeit wird es da niemals geben, sagen wir, weil wir ganz verschieden geprägt sind. Doch, die gibt es sehr wohl, sagt Jesus. Liebenswert sind grundsätzlich alle Menschen, sagt ER, eben weil sie Menschen sind, Geschöpfe Gottes, SEIN Ebenbild. Das gilt unbedingt und ausnahmslos für alle, auch wenn sie uns alles andere als liebenswert erscheinen. Das klingt nach einer gewaltigen Überforderung, oder?
Aber was wäre, wenn? Nur mal den Gedanken für einen Moment zulassen, was dann wäre, wenn Jesu Worte Maßstab für unser alltägliches
Zusammenleben würden? Keine hässlichen Nachbarschaftskonflikte mehr, nur noch rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer, ein respektvoller Umgang miteinander. Das wäre doch schon einmal ein Anfang. Noch einmal weitergedacht: Jesu Worte als Maßstab für die Welt?
Plötzlich wären Freiden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nicht mehr nur unerreichbare Ziele, sondern erlebbare Wirklichkeit. Wir sind nicht im Himmel, bemerken die
Kritiker. Aber wer keine Visionen mehr hat, hat doch innerlich schon aufgegeben. Jesus macht uns mit SEINEM Wort Mut, weiter zu träumen und eigene Schritte in SEINE Richtung zu wagen. Manchmal beginnen sie „mitten im feindlichen Leben“ mit einem Gebet.

Gedanken zum Bild

Es sind die „kleinen“ Bilder sprichwörtlich „vom Wegesrand“, die für mich oft „große“ Geschichten zu erzählen haben, so wie dieses Foto. Ein gepflasterter Weg, von Menschen bequem zu begehen, „versiegelt“ die Oberfläche, wie es heißt. Freie Bahn für Menschen, und dafür wurde die Natur „aus dem Weg geräumt“ und ihr eine klare Grenze gesetzt. So lässt sich der Weg gut frei halten und man bekommt bei Regenwetter viel weniger nasse Füße. Grenzen zu setzen kann also durchaus Vorteile haben oder sogar notwendig sein, nicht nur im Wegebau. Sicher, Grenzen haben auch Nachteile und lösen bei den Älteren unter uns bittere Erinnerungen aus. Aber im übertragenen Sinn vermisse ich die Grenzen durchaus. Ich denke dabei an die Art, wie wir heutzutage miteinander reden und die Weise, wie wir uns im Umgang miteinander verhalten. Da bleibt nicht viel übrig von Grenzen. Die Worte „Anstand“ und „Respekt“ klingen nicht nur altmodisch, sie sind auch aus dem aktiven Wortschatz sehr vieler völlig verschwunden. „Frechheit siegt“, heißt die Devise längst nicht mehr nur im Straßenverkehr. Sie treibt inzwischen in fast allen
Lebensbereichen ihre „Blüten“ und im Internet wuchert sie grenzenlos. Die Frage ist: Halten wir das für „normal“, nur weil es weit verbreitet offensichtlich so gesehen wird? Oder nehmen wir die „Grenzverletzungen“ noch wahr? 
Auf einem Weg nehmen wir sie sofort wahr, sehen die „Grenzverletzer“ in den Fugen der Steine, und ich bin mir sicher: Die zuständigen Arbeitskräfte werden sie mit Sicherheit beim nächsten Durchgang beseitigen, nicht nur, damit das „Bild wieder stimmt“, sondern auch, dass der Weg gut begehbar bleibt. Auch das ist ein hilfreiches „Bild“: Denn es liegt auch an uns, inwieweit Wildwuchs und Grenzüberschreitungen in unserem Reden und Verhalten untereinander geschehen können.