3. Station des Kreuzwegs: Last und Verlust

Text: Lukas 22,35 (Lehrtext der Herrnhuter Losungen vom 9. März 2023

Jesus fragte SEINE Jünger: Als ICH euch ausgesandt habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr je Mangel gehabt? Sie sprachen: Nein, keinen.

Gedanken zum Text

Unglaublich, oder? Sich selbst lässt Jesus die schwere Last des Kreuzes auflegen. Aber SEINEN Jüngern verschafft ER nur ganz kurze Zeit vorher, als sie Jerusalem schon fast erreicht hatten, „umfassende Marscherleichterung“. Allerdings ist sicher anzunehmen, dass das die Jünger anfangs ganz anders sahen. Denn was wir hier lesen, scheint auf den ersten Blick das ganze Gegenteil von guter Vorbereitung zu sein. Kein Geld, keine Provianttasche, keine Schuhe – wer so unterwegs ist, der kommt nicht weit, der geht unterwegs verloren, dachten sie – und denken wir auch. Mehr noch: Das wissen wir aus Erfahrung. Deshalb bereiten wir uns in der Regel sorgfältig vor, bevor wir losziehen. Denn ein Mindestmaß an Sicherheit muss sein. Erst recht, wenn wir wie die Jünger in unbekanntes Terrain aufbrechen. Geografisch kannten sie sich zwar gut aus, aber als Gesandte Jesu, mit SEINER Botschaft für die Menschen, waren sie noch nie unterwegs gewesen. Eine neue Aufgabe, durch die Anweisung Jesu unter erschwerten Bedingungen, so schien es. Aber keiner von ihnen protestierte, regte sich über die „unprofessionelle Planung“ ihres Auftrags auf oder verweigerte seine Teilnahme am „Projekt“. Sie vertrauten darauf, dass Jesus sie niemals ins Verderben schicken würde – und sie hatten mit IHM schon so viel Erstaunliches erlebt, das alle ihre Erfahrungen überstieg. Sie zogen los und erlebten ihr Wunder. Sicher erlebten sie sehr viel, aber wider allen Befürchtungen und Zweifeln keinen Mangel. Nur die verloren sie unterwegs. Denn die Botschaft Jesu öffnete ihnen die Türen der Häuser und die Herzen der Menschen. Mit dieser begeisternden Erfahrung zogen sie mit Jesus in Jerusalem ein. Was dort mit Jesus geschah und über sie hereinbrach, konnten sie lange Zeit nicht in Worte fassen. Die Last des Kreuzes auf Jesu Schulter, das unausweichliche Ende, der Verlust ihres Meisters und mit IHM all ihrer Kraft und ihres Mutes – sie hatten alles verloren, waren am Boden zerstört. Sie mussten auch um ihr Leben fürchten und sich vor den römischen Soldaten und ihren Helfershelfern verstecken. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie bei den Menschen Hilfe fanden, denen sie einst ohne Geld, ohne Provianttasche und ohne Schuhe, aber mit der Botschaft Jesu begegnet waren.

Gedanken zum Bild:

Ein Stapel ausgedienter Kunststeinplatten, an denen noch der Mörtel klebt, mit dem sie einst auf einem Weg verlegt waren verstellt den Blick. Der Weg war eben und gut begehbar. Jetzt liegen sie im Weg, versperren den Zugang zur dahinter liegenden Wiese, weil sie vielleicht noch einmal verwendet werden könnten. Wie ist es aber, wenn uns im übertragenen Sinn „Steine in den Weg gelegt“ werden, wenn uns jemand absichtlich den Weg abschneiden oder wenigstens stolpern sehen will? Oder wenn ein solch hartes Ereignis auf meinem Lebensweg liegt, das mich zu Fall bringt? Ist es nicht so: wer einmal heftig gestürzt ist, der steht nur sehr mühsam wieder auf. Auf SEINEM Weg zur Hinrichtungsstätte ist Jesus gestürzt. Ob ER über einen kleinen, hingeworfenen Stein stolperte oder IHN die Last des schweren Balkens aus dem Gleichgewicht brachte, wissen wir nicht. Wir kennen beides: das eigene Stolpern und von anderen zum Stolpern gebracht zu werden. Meist sind es eher die „kleinen“, aber spitzen Steine, Bosheiten, Gerüchte, gedankenlose Bemerkungen, Gemeinheiten, die uns aus dem Gleichgewicht bringen. Dann erleben wir am eigenen Leib, was es heißt: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“ Jesus stürzt und auch über IHN bricht eine Woge des Spotts und des Hohns herein. Ganz nah ist ER denen, die im realen oder virtuellen „shitstorm“ in Grund und Boden versinken möchten, die sich erbarmungslos ausgeliefert und hilflos fühlen. Niemand hilft IHM, wieder aufzustehen und die Last des Balkens neu zu schultern. Nur die beißenden Kommentare und die Peitschenhiebe der Henkersknechte treiben IHN wieder auf SEINEN Weg nach Golgatha.

Gebet:

Barmherziger Gott, wir danken DIR, dass DU mit uns gehst durch die Zeit und denen ganz besonders nahe bist, die in ihr die Last ihres Lebens zu tragen haben. Wir danken DIR für DEINE Liebe, die tröstet und stärkt und uns die Kraft schenkt, einander beizustehen.

HERR, unser Gott, wir danken DIR für DEIN Wort, das uns nachzudenken hilft über unser Leben und unsere Welt. Besonders in diesen Wochen wird uns bewusst, wie wichtig das Vertrauen in DEINE Liebe ist, damit Leben gelingen kann, gerade weil in unserer Welt der Geist des Misstrauens und der Unversöhnlichkeit herrscht.

Barmherziger Gott, hilf uns, bescheiden und friedvoll zu werden im Denken, Reden, Hören und Handeln, mit für alle erlebbar wird, dass DEINE Liebe stärker ist als der Ungeist der Angst, der Rechthaberei, der Spaltung und der Gewalt. Gib den Schwachen in unserer Gesellschaft und in der Welt Stärke genug, zu widerstehen ohne die Versuchung der Rache und Vergeltung.

HERR unser Gott, schenke uns DEINEN Geist, der die Schreier entlarvt, die die Menschen mit ihren Lügen verdummen und für ihre Zwecke instrumentalisieren und rette auch die, die ihnen folgen. Stärke alle, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen, die ehrlich und aufrichtig leben.

Barmherziger Gott, wir klagen DIR das Leid, das Menschen sich auf unsere Erde gegenseitig antun, vor allem die Kriege und jede Form von körperlicher oder seelischer Gewalt. Lass uns unsere Verantwortung füreinander erkennen und wahrnehmen, wo wir einander Steine in den Weg legen und schenke uns Kraft, die Gestürzten wieder aufzurichten.

HERR, unser Gott, schenke uns DEINE Hoffnung, die stärker ist als der Tod und lass uns in allem festhalten an DEINER Verheißung. Erneuere die Welt. Stärke DEINE ermüdeten Gemeinden und Kirchen und schenke uns DEINE Zukunft.

Erbarmender Gott, erhöre uns.

Amen.