4. Station: Hilflosigkeit und Trost

Text: 2. Korinther 1, 3+4 (Aus der Epistellesung des Sonntags)

Paulus schreibt: Gelobt sei Gott, der Vater unseres HERRN Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis, damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.

Gedanken zum Text

Im Kreuzweg Jesu verdichtet sich alles, was Menschen einander antun können. ER muss diesen Weg gehen, wird gnadenlos getrieben zur Hinrichtungsstätte. Die kirchliche Tradition holt auch die in den Blick, die am Rand dieses Weges stehen. Von den Jüngern ist keiner zu sehen – viel zu groß die Gefahr, das gleiche Schicksal wie ihr Meister erleiden zu müssen. Aber die Mutter Jesu ist da, sagt die Tradition. Da die Lebenserwartung der einfachen Menschen damals um die 30 Jahre betrug, müsste sie eine „steinalte“ Frau von mindestens 50 gewesen sein, in jedem Fall am Abend ihres Lebens angekommen. Hatte sie wirklich noch die Kraft, unter den sensationslüsternen Gaffern am Wegesrand zu stehen, ganz vorn? Sonst hätte Jesus sie nicht erkennen können in der Masse. Wie kann eine Mutter dieses Entsetzen, diese Hilflosigkeit, diese Verzweiflung aushalten, die sie beim Anblick ihres gemarterten Sohnes überkommen? Steigert andererseits ihre Anwesenheit nicht noch zusätzlich die Qualen ihres Sohnes, wenn ER erkennt, dass sie IHN so leiden sehen muss? Die Tradition behauptet das Gegenteil. Das Mitgefühl und die Anteilnahme SEINER Mutter wären für IHN Trost und Stütze gewesen. Maria, die große Trösterin, die Gottesmutter, die Gestalt gewordene Liebe Gottes, schaut nicht weg, wenn das Unheil unerträglich ist, sondern schenkt auch da einen Lichtblick, wo es nach menschlichem Ermessen nichts mehr zu hoffen gibt. Paulus kennt diese Tradition noch nicht. Er erinnert uns vielmehr an die Kraft, mit der auch Maria tröstet und durch die auch wir allen den Trost schenken können, der wirklich trägt. Dieser Trost bringt Freude, stille Freude. So ist es stimmig, dass dieser Sonntag in der evangelischen Tradition „Laetare“ heißt, lateinisch für „Freut euch!“

Gedanken zum Bild:

In Maria, die ihrem gemarterten Sohn auf dem Kreuzweg begegnet, das große Vorbild zu sehen für die liebevolle Anteilnahme am Leid der anderen, ist ein tröstlicher Gedanke. Denn es tut gut zu spüren, dass jemand an uns denkt, wenn es uns nicht gut geht. Sicher, jeder Mensch ist anders, auch wenn er leidet. Das „Spektrum“ reicht von der sprichwörtlichen „Drama – Queen“ bis hin zu denen, die ihre Sorgen und auch ihr Leid am liebsten nur mit sich selbst ausmachen. Die schämen sich, von anderen als schwach und hilfsbedürftig erlebt zu werden. „Ich will doch niemandem zur Last fallen“, sagen sie. Aber auch sie sind insgeheim froh, wenn jemand da ist, der ihnen vielleicht „nur“ eine Blume vorbei bringt. „Schön, dass du an mich gedacht hast!“, wird ihnen vielleicht seltener über die Lippen kommen als anderen. Aber wenn, dann kommt es von Herzen. Denen, die mit der Blume zu ihnen kommen, tut solch ein Satz auch gut. Denn sie leben mit dem Wissen, dass sie den Schmerz oder das Leid des anderen weder nehmen noch wirklich aufheben können – kurz: Auch sie fühlen sich hilflos und oft genug auch überfordert. Dabei geschieht so viel Gutes in dieser Begegnung. Allein die körperliche Anwesenheit eines vertrauten, mitfühlenden Menschen stärkt die Seele des Kranken oder Hilfsbedürftigen. Manchmal braucht es gar keine Worte, manchmal spricht nur einer und der andere hört zu. Wenn wertschätzende Gespräche möglich sind, in denen die Vertrautheit gestärkt und Klarheit geschaffen werden kann, ist das eine Gnade. Die mitgebrachte Blume bleibt im Raum, wenn der Besucher wieder geht. Sie erinnert an die gemeinsame Zeit und wird zum Symbol der Verbundenheit. Mitgefühl ist eine Tugend, die die Gemeinschaft stärkt. Wenn sie fehlt, lebt man sich auseinander, wie es gerade in unserer reichen Gesellschaft immer deutlicher zu erleben ist. Gott sei Dank haben wir selbst die Möglichkeit, in unserem Umfeld gegenzusteuern.

Gebet:

HERR, unser Gott, DU bist der Gott allen Trostes. Wir danken DIR für DEIN tröstendes Wort, DEINE stärkende Nähe und alle Wege des Trostes, die DU uns eröffnest in der vielfältigen Gemeinschaft mit anderen.

Barmherziger Gott, an DEIN Herz legen wir alle, die in diesen Tagen ganz besonders DEINES Trostes bedürfen: die unzählbar vielen Opfer der Kriege dieser Welt, der offenen und versteckten Gewalt und der Naturkatastrophen.

HERR, unser Gott, wir bitten um DEINEN Trost für alle, deren Leben durch einen Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen wurde, die unheilbar krank sind, die sich um einen lieben Angehörigen sorgen, die einen lieben Menschen verloren haben und lernen müssen, ohne ihn zu leben.

Barmherziger Gott, wir bitten um DEINEN Trost für alle, die sich zerstritten haben, für die Kinder geschiedener Eltern, für die Menschen in den Heimen, die schon lange keinen Besuch ihrer Angehörigen mehr erhalten haben.

HERR, unser Gott, wir bitten um DEINEN vergebenden Geist, der Enttäuschungen ertragen kann und immer geduldig bleibt, der tröstet und aufrichtet, wenn uns die Worte fehlen, der heilt und befreit, wo wir aneinander schuldig werden.

Barmherziger Gott, bewahre uns vor Selbstgerechtigkeit, schenke uns Geduld, Bescheidenheit, Einsicht und Mitgefühl, damit das Zusammenleben gelingen kann.

HERR, unser Gott, wir bitten DICH, bring Frieden in unser Reden und Handeln, segne die Schweigenden, schenke Zuversicht den Ratlosen und den Verlorenen, den Verbitterten, den Einsamen sei nahe mit DEINER Liebe. Reiche den Sterbenden DEINE väterliche Hand und führe sie in DEINE Ewigkeit.

Erbarmender Gott, erhöre uns.

Amen.