Text: Jesus Sirach 1,10 Monatsspruch Septem-
ber 2022
Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.
Gedanken zum Text:
Wir leben in einer „Wissensgesellschaft“ und
im „Informationszeitalter“, so heißt es. Das In-
ternet macht ́s möglich. Nichts dagegen, aber
Informationen allein machen noch lange kein
Wissen. Denn die können „bearbeitet“, „ausge-
sucht“ oder gar „erfunden“ werden – das Inter-
net macht ́s möglich. Andererseits wächst der
„Wissensstand“ der Menschheit tatsächlich in
rasantem Tempo auf sehr vielen Forschungsge-
bieten. Nur: Wissen allein scheint nicht zu ge-
nügen. Wie sonst ist zu erklären, dass die ach
so gescheiten Menschen nach all den verhee-
renden Erfahrungen der letzten Jahrhunderte
immer noch Krieg gegeneinander führen als
gäbe es kein morgen? Oder dass die zügellos
habgierigen Spekulanten bei uns im Land im-
mer noch nicht ihre Kriegs- und Krisen –
„Übergewinne“ ganz selbstverständlich ent-
sprechend versteuern müssen? Nein, Wissen al-
lein genügt nicht. Um aus dieser Krise heraus-
zukommen, braucht es mehr, braucht es Weis-
heit. Was für ein schönes, altes Wort! Es ist nur
leider etwas aus der Mode gekommen, weil die
Weisheit etwas ganz Besonderes ist. Zum einen
gibt es weise Menschen im Gegensatz zu klu-
gen oder schlauen Leuten nur sehr selten und
zum anderen ist sie ein Gottesgeschenk, das
man sich weder verdienen noch kaufen kann.
Kein Wunder also, dass die Weisheit in der Bi-
bel zu Wort kommt, vor allem in den jüngsten
Büchern des Ersten Testaments wie den Sprü-
chen oder dem Prediger Salomos (Kohelet)
oder Hiob oder Ruth oder eben auch im Buch
Jesus Sirach. Die Weisheit der Bibel öffnet den
Blick dafür, wie es gelingen kann, in den
schwierigen Verhältnissen der Zeit als Glau-
bende zu leben. Sie sagt ganz konkret und
praktisch, wie wir ein gelingendes Leben mit-
einander gestalten und seine Schönheit genie-
ßen können und auch, wie wir den Tiefschlägen
des Lebens standhalten können im Vertrauen
auf Gottes Liebe. Genau deshalb kann der
Schreiber des Buches Jesus Sirach seine durch
Erfahrung und Wissen getragene Erkenntnis in
diesen kurzen Satz zusammenfassen: Gott lie-
ben, das ist die allerschönste Weisheit. Auch
wir können uns diese Erkenntnis schenken las-
sen, wenn wir Gott im tiefsten Herzen vertrau-
en. Es wird dringend Zeit, dass mehr Weisheit
von dieser Art in unsere Gesellschaft, unsere
Zeit und unsere Welt kommt, meinen Sie nicht
auch?
Gedanken zum Bild:
Tautropfen auf Grashalmen im Morgenlicht –
die Frische der Nacht ist noch zu spüren. Das
Licht und der Tau verwandeln das „einfache“
Gras in ein glitzerndes Lob der Schöpfung.
Diesen Gedanken muss wohl auch der Dichter
Jürgen Henkys gehabt haben, als er das engli-
sche Lied „Morning has broken“ ins Deutsche
übertrug (im evangelischen Gesangbuch Nr.
455, 2): „Sanft fallen Tropfen, sonnendurch-
leuchtet. So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten, grünen-
de Frische, vollkommnes Blau.“Was für eine
Freude, nach diesem Dürresommer wieder grü-
ne Wiesen zu sehen – die manchem Garten-
freund allerdings schon wieder zu schnell und
zu hoch gewachsen sind. Nun ja, die Vorstel-
lung von Schönheit ist nun einmal „divers“, um
ein Modewort zu gebrauchen. Was aber ohne
Zweifel alle anerkennen müssen, ist die beein-
druckende Kraft der Natur, durch die in weni-
gen Tagen nach dem erlösenden Regen alles
wieder ergrünt und es in diesem Jahr fast einen
„zweiten Frühling“ so kurz vor dem Herbst
gibt. Welch ein Hoffnungsbild in diesen eher
belastenden Tagen! Das kann die Stimmung
deutlich verbessern und damit auch den Blick
auf die „Gesamtsituation“. Wer dazu noch ein
schönes Lied auf den Lippen hat – zum Bei-
spiel auch das oben genannte „Morgenlicht
leuchtet“ – tut seiner Seele etwas Gutes. Noch
besser ist es, nicht nur für sich zu singen, son-
dern in einer Gemeinschaft, den Menschen zur
Freude und Gott zur Ehre. Wem die Musikalität
nicht so gegeben ist, der findet sicher viele an-
dere Möglichkeiten, seinen Mitmenschen und
sich selbst Freude zu bereiten – und wenn sie
nur so kurz aufscheint wie der glitzernde Mor-
gentau.