Text: Jesaja 42, 16 (Herrnhuter Losung zum 8. Mai, Sonntag Jubilate)

Gott spricht: Die Blinden will ICH auf dem Wege leiten, den sie nicht wissen; ICH will sie führen auf den Steigen, die sie nicht kennen.

Gedanken zum Text:

Seien wir ehrlich: Wer von uns könnte behaupten, in den besorgniserregenden Entwicklungen unserer Gegenwart noch den Durchblick zu haben? Den vernünftigen Menschen scheint klar zu sein, dass es um Schadensbegrenzung gehen muss. Aber auf welchem Weg? Die einen wollen mehr und mehr Waffen liefern und argumentieren mit dem Selbstverteidigungsrecht. Aber Waffen sind ausschließlich zum Töten und Zerstören da. Die anderen wollen Frieden schaffen ohne Waffen und berufen sich unter anderem auch auf Jesus. Nur ist der Weg der Gewaltlosigkeit der allerschwerste, um zum Frieden zu kommen. Denn er setzt bei allen, die ihn gehen, eine außerordentliche Leidensbereitschaft voraus, für die sich jeder ganz persönlich entscheiden muss. Wieder andere meinen, es wäre sofort Frieden, wenn die Kriegstreiber in die erste Reihe gestellt würden. Die Geschichte lehrt anderes: Noch vor etwa 200 Jahren ritt Kaiser Napoleon seinen kriegerischen Truppen durch ganz Europa voran. So verschieden die Gedanken auch sind, niemand weiß wirklich, in welche Richtung wir im Moment laufen und welche Fallstricke und Hindernisse noch auf uns lauern. Aber ist das nicht eigentlich immer so? Die Gegenwart leben wir, die Vergangenheit tragen wir mit uns, aber die Zukunft ist ungewiss. Meist wird uns nur in Krisen wie jetzt bewusst, dass wir uns Schritt für Schritt vorwärts tasten wie Blinde. Aber blind möchte niemand sein und auch nicht so genannt werden. Denn Blinde brauchen Hilfe – und wer gesteht das schon gern ein? Da halte ich mich doch lieber fest an dem, was ich sehen, oder besser noch zählen kann. Alles andere kann ich ausblenden. Auch Sehende können blind sein für das, worauf es wirklich ankommt, für den Weg, der zum Leben führt. Aber das heißt nicht, dass der HERR uns vor die Wand laufen lässt. Das hat ER SEINEM Volk zugesagt und SEIN Wort bis heute gehalten. Durch Jesus dürfen wir darauf vertrauen, dass SEINE Zusage auch uns gilt, auch wenn wir Wege und Steige nicht wissen und kennen und uns mitunter so hilflos wie Blinde fühlen.

 

Andacht zum Sonntag Jubilate,8. 5.

Foto privat (J. Reichmann)

Gedanken zum Bild:

„Jubilate“ – „Jubelt, jubiliert!“ – so heißt der dritte Sonntag nach Ostern, der die Schönheit der Schöpfung Gottes in besonderer Weise in den Blick nimmt. Denn von Ostern her strahlt das Licht der Liebe Gottes ins Leben hinein und hilft uns, sie wahrzunehmen. Aber wie „jubiliert“ man denn eigentlich? Das ist doch viel mehr als einfach nur kurz zur Kenntnis nehmen und lächeln. Die Schöpfung Gottes macht es uns in unübertrefflicher und unnachahmlicher Weise vor im vielstimmigen und dennoch immer harmonischen Gesang der Vögel am Morgen, im frischen Grün in seinen ungezählten Abstufungen und auch in den prachtvollen Blüten des Rhododendrons. Wir Menschen tun uns dagegen in der Regel schwer mit dem Jubilieren, zumindest wir im emotional eher kühlen Mitteleuropa. Da lassen wir selbst unseren positiven Gefühlen nur in geschützten Räumen freien Lauf – zum Beispiel im Fußballstadion oder anderen Sportveranstaltungen. Da darf schon mal vor Freude getanzt, gesungen und geweint werden, wenn die eigene Mannschaft gewinnt. Da kommt es nicht auf den richtigen Ton oder die angemessene Lautstärke an, sondern darauf, dass alle mitmachen, die dazu gehören. Leistungen von Menschen werden bejubelt und das ist auch gut so. Der Jubel beflügelt die Seele, vertreibt den Frust und schenkt Energie für die Tage danach. Denn immer nur zu jubilieren, das hält keiner durch. Aber mal einen Sonntag im Jahr, das müsste doch zu machen sein, oder? Zumal die „Leistung“ des Schöpfers unvergleichlich ist und wir selbst sogar dazugehören.