Wer kennt das nicht, Situationen, in denen man aus der Haut fahren möchte! Da bin ich nicht richtig verstanden worden oder es hat mir mein Gegenüber nicht zugehört, da spüre ich Unehrlichkeit oder auch Zurückweisung. Und plötzlich werden Gefühle wach: es grollt in einem, man ballt die Faust in der Tasche, möchte schreien über das Erfahrene, vielleicht auch mit dem Fuß stampfen oder gar eine Tasse an die Wand werfen. Plötzlich ist sie da, die Aggression.

Was mache ich dann damit? Schlucke ich sie einfach runter, weil ich mal gelernt habe „Wer schreit, ist im Unrecht.“ oder „Kluge Menschen zügeln ihren Zorn!“ Wir wissen Wut, Aggression und Zorn haben einen negativen Ruf. Schnell werde ich damit abgestempelt und in eine Ecke geschoben, als wäre ich unfähig, mit meinen Gefühlen und Regungen umzugehen. Das wird dann oft als ein Makel an der Person gesehen. Leider geht das manchmal auch so weit, dass dem Betroffenen, die Teamfähigkeit abgeschrieben wird. Und wer im leitenden Amt solche Gefühle zeigt, dem wird schnell auch die Befähigung zur Leitung aberkannt. Denn landläufig verstehen Menschen unter einem „guten“ Leiter, einen, der „etwas ab kann“, d.h. viel „verträgt“, tolerant und verständnisvoll gegenüber anderen ist und seine Gefühle absolut in der Kontrolle hat.

Hinzu kommt, dass auch Religionen sich nicht unbedingt positiv zu Aggression und Zorn stellen. Das hat sicher seinen Grund, denn aus unkontrollierter Aggression und Zorn können gewaltsame Auseinandersetzung erwachsen, die anderen Menschen schaden. Im Hinduismus und im Buddhismus werden sie eher negativ gesehen. Auch das Christentum hat sich im frühen Mittelalter positioniert: Zorn galt als eine der sieben Todsünden. Selbst im Islam werden Zorn und Aggression nicht positiv bewertet. Das alles wirkt.

Unterdrückte Gefühle allerdings können krank machen, das wissen wir. Mancher projiziert so die Wut auf sich selbst. Andere werden depressiv. Wer Aggression, Wut und Zorn leugnet, nimmt einen Teil von sich selbst nicht ernst und ist so letztlich nicht authentisch.

Dabei haben Wut und Zorn auch positive Aspekte. Sie zeigen Grenzen auf, setzen quasi Warnsignale dafür, dass etwas nicht bedacht – überschritten wurde oder einfach zu weit ging. Sie befreien Menschen von inneren Spannungen und zeigen Schwachstellen auf. Sie laden auch zur Veränderung (meiner selbst) ein. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich alle Aggression gedankenlos ausleben und an anderen abreagieren kann. Wichtig ist es, solche Gefühle wahrzunehmen, mir klar zu werden, woher sie rühren und sie ins Gespräch zu bringen. Und das nicht nur im privaten oder beruflichen Umfeld, sondern auch in der Gesellschaft.

Unmut lautstark zu äußern und ungerechte Zustände anzuklagen ist besser als zu schweigen und alles runter zu schlucken. Wichtig allerdings ist, zu erkennen und zu unterscheiden, wo Wut hilfreich ist und wo sie uns und anderen schadet, denn sie kann auch ins Gegenteil umschlagen, legitimer Protest zum gefährlichen Fanatismus werden und sich als Aggression gegen Fremde, gegen die Polizei oder auch gegen Minderheiten in der Gesellschaft richten.

Der Monatsspruch für den Februar lässt uns inne werden und fragen, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen, damit das Miteinander in den verschiedensten Bereichen gelingen kann.

Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. (Epheser4,26)

Zorn und Wut erscheinen hier ganz legitim, aber sie sollen keinem schaden, sondern zu einem guten und konstruktiven Miteinander führen. Also – nicht runterschlucken, sondern betrachten und im Gespräch bleiben. Sicherlich gehören dazu immer zwei Seiten, eine zumindest haben wir in der Hand und einen Versuch wäre es wert, das was Not tut, so zu sagen, dass das Gegenüber es auch verstehen kann.