Text: Sprüche 3, 27 (Monatsspruch Mai 2023)

Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.

Gedanken zum Text:

Nur noch mal schnell die Welt retten…“ – sang vor ein paar Jahren ein Popsternchen, an den sich heute wohl kaum noch jemand erinnert. Das war dann auch schon die anspruchsvollste Zeile des Liedtextes, der auf einer unbeschwert fröhlichen, tänzelnden Melodie daher kam. Wenn es nur so einfach wäre! Jeder weiß: Das kann niemand allein und schon gar nicht im luftig – lockeren Tanzschritt. So ist noch nicht einmal die eigene, kleine Welt zu retten. Denn dazu braucht es Mut und Ausdauer, den Weg der Nächstenliebe gegen alle Widerstände und Verhärtungen der Herzen zu gehen, die Augen offen zu halten für die Bedürfnisse der anderen und nicht nur die eigenen Ansprüche und Bedürfnisse zu sehen. Dabei müssen die anderen nicht immer nur der finanziellen Unterstützung bedürfen. Das „Gute“, das wir ihnen tun können, kann sehr vielfältig sein. Jede und jeder hat Begabungen und Möglichkeiten, mit denen sie und er Gutes tun kann, auf ganz eigene, wertvolle Art und Weise. Der einen fällt es leicht, regelmäßig mit einer Spende die Arbeit einer Hilfsorganisation zu unterstützen. Der andere nimmt sich Zeit für ein Gespräch mit einsamen, alten Menschen oder mit verunsicherten jungen Leuten, kann hilfreichen Rat geben oder trösten. Wieder andere engagieren sich treu und verlässlich ehrenamtlich in der Gemeindearbeit. Aber alles hat seine Grenzen. Niemand ist unbegrenzt belastbar. Dass wir immer und überall helfen müssen, davon ist auch in dem Monatsspruch nicht die Rede. Das ist sehr entlastend. Denn wer das Gebot der Nächstenliebe als Pflichtaufgabe versteht, der zu jeder Zeit und Gelegenheit ganz unbedingt nachzukommen ist, der wird irgendwann entweder völlig ausgebrannt sein oder ein dauerndes „schlechtes Gewissen“ mit sich herumschleppen, weil er oder sie die „Aufgabe“ eben doch nicht zu 100% erfüllen konnte. Andererseits sollen wir schon nach unseren Möglichkeiten helfen und nicht denken: Das bisschen, was ich helfen kann, ändert ja eh nichts. Also kann ich´s auch gleich sein lassen. Gott fordert mit keinem Wort der Heiligen Schrift, dass wir über unsere Möglichkeiten hinaus gehen. Aber erkennen sollen wir, welche Gaben und Möglichkeiten ER uns geschenkt hat und welche Freude es bereitet, sie für andere und uns selbst zu nutzen. Dann ist uns auch zum Singen zumute – je nach musikalischem Geschmack und Begabung – und vor allem zum Lob Gottes.

Gedanken zum Bild

Erinnern Sie sich, liebe Freunde dieser Andachtsreihe? Kommt Ihnen dieses Foto vielleicht bekannt vor? Diesen Stumpf eines Apfelbaums hatte ich im Frühjahr 2021 schon einmal fotografiert. Damals trieb aus dem abgesägten Baum nur ein zarter Zweig hervor. Neulich führte mich mein Weg wieder an ihm vorbei, und ich staunte über seine inzwischen zahlreichen Zweige, die in voller Blüte stehen. Bleibt das Wetter entsprechend und finden die Bienen seine Blüten, könnte es vielleicht sogar sein, dass dieser Stumpf im Herbst Früchte trägt, oder? Da sag mir einer, dass es keine Wunder gibt – ein kleines zwar, aber alles andere als unbedeutend. Denn es ist ein Wunder, das von der Kraft und der Freude des Lebens erzählt, wie wir es in jedem Frühling neu erleben können. Für mich erinnert dieses Bild auch an Ostern: Das Leben ist stärker als es die Menschen für möglich halten. Vor Jahren wurde der Baum kurzerhand abgesägt, aus welchem Grund auch immer. Ein schneller Schnitt mit der Motorsäge – das sollte sein Todesurteil sein – war es aber nicht. Sicher, es dauerte eine ganze Weile, doch dann war es soweit: Neues Leben zeigt sich in voller Pracht. In Bezug auf Ostern und in christlicher Symbolik gesprochen könnte man es so ausdrücken: Das Kreuz, das Hinrichtungswerkzeug, der Ort des Todes, wird zum Baum des Lebens, weil Gott SEINEN Sohn von den Toten auferweckt. Das Kreuz als Baum des Lebens ist ein sehr eindrückliches Symbol, das in unseren mitteleuropäischen Konfessionen bisher eher weniger bekannt war. Die armenische Kirche kennt es allerdings schon seit langer Zeit. Schön, dass es inzwischen auch auf vielen Osterkerzen bei uns zu finden ist. Warum noch einmal der Rückblick auf Ostern, fragen Sie? Liegt Ostern nicht schon gefühlt „ewig“ weit zurück? Im Kirchenjahr nicht, da befinden wir uns mitten im Oster – Festkreis. Denn: „Gut Ding will Weile haben“, wie der Volksmund früher treffend sagte.

Gebet:

HERR, unser Gott, an diesem Sonntag wollen wir DIR zur Ehre unsere Stimmen erklingen lassen. Die einen werden von DEINER Liebe singen, die anderen werden von DEINER Güte erzählen. DU liebst die Vielfalt der Stimmen und in DEINEN Ohren vereinen sie sich zu dem einen Chor DEINES Lobes, der Melodie des Lebens.

HERR, Jesus Christus, bitte höre unser Lied der Sehnsucht nach Versöhnung und Frieden in unserem Leben, unserem Land und unserer Welt. Wir sehnen uns nach der Kraft DEINER Liebe, die stärker ist als alle Gewalt und aller Menschenhass, nach DEINER Nähe und Klarheit.

HERR, Heiliger Geist, bitte höre heraus aus allen lauten, geistlosen Tönen, Klängen und Worten dieser Welt die leisen und schweren Melodien der Klage, der Not, der Krankheit, der Einsamkeit, der Trauer und der Verzweiflung, die so oft ungehört bleiben. Lass sie ihren Widerhall finden in den Herzen der Menschen, damit sie Gutes tun, wenn ihre Hand es vermag – und wenn „man nichts mehr tun kann“, dann sei DU da im Schweigen und beieinander Bleiben.

HERR, dreieiniger Gott, DU schenkst uns die Freude am Leben, DU schenkst uns Kraft und Mut für die Herausforderungen unseres Daseins und die Gemeinschaft aller, die DIR vertrauen durch DEIN Wort und auch durch die Musik. Durch sie entdecken wir DEINE Spuren in unserer Welt, überall dort, wo der Tod dem Leben, der Hass der Güte weicht.

Dafür sei DIR Dank und Lob für alle Zeit und bis in Ewigkeit.