. Station des Kreuzwegs: Hingabe und Aufgabe

Text: Johannes 3,16 (Aus dem Evangelium des Sonntags)

Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.

Gedanken zum Text

Das ist der Satz, der alles sagt, alles, worum es im christlichen Glauben geht, in der Passionsgeschichte Christi ganz besonders. Was aber soll der Leidensweg Christi mit Liebe zu
tun haben?
Rein gar nichts von menschlicher Seite aus, das ist klar. Die Unmenschlichkeit der römischen Besatzer, die Feigheit der Oberen am Tempel in Jerusalem, die Angst SEINER Jünger ums eigene Leben und die Gleichgültigkeit der vielen, die einfach zuschauten, die wieder einmal ein grausames Spektakel als Abwechslung in ihrem langweiligen Alltag sehen wollten – sie haben Jesus auf den Weg nach Golgatha gebracht. Wünschen wir uns nicht einen Gott, der uns bewahrt vor solchen ausweglosen Wegen, vor dem Leid und Katastrophen? Stattdessen gibt ER SEINEN einzigen Sohn hin ins gnadenlose Räderwerk der Ungerechtigkeit! Leidensweg und Kreuzestod Jesu – welche gewaltige Herausforderung für Herz und Verstand! Kein Wunder, dass sich hier die Wege trennen zwischen denen, die nicht glauben können, dass Gottes Liebe so weit geht, dass SEIN Sohn von Menschen gequält und getötet wird und denen, die wie der Evangelist Johannes von der Auferstehung Christi her denken und vertrauen können. Für die wird der auf den ersten Blick schwierige Satz des Johannes zum hoffnungsvollen Bekenntnis: Gott selbst liegt an uns und unserer Welt so viel, besser: Wir liegen IHM so am Herzen, dass ER aus SEINER Liebe zu uns alles gibt, um uns SEINE Zukunft zu eröffnen. Denn allein schaffen wir es nur ansatzweise und nur für kurze Momente, wirklich zukunftsweisend zu denken und zu handeln – dann, wenn wir es aus Liebe tun. Unsere Liebe reicht aber nicht weit. Denn wir fragen immer: Wer oder was ist unserer Liebe würdig? Wir sortieren und konzentrieren, wir wählen und schließen aus – im Kleinen und im Großen. Wohin das führt, erleben wir gerade wieder einmal in ganz heftigem Ausmaß. Wirkliche Zukunft ist anders. Da kann wirklich nur Gottes Liebe helfen, die der ganzen Welt und damit ausnahmslos jedem Menschen gilt. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.

Gedanken zum Bild:

Nach dem schnellen Urteil und der Nacht unter grausamer Folter stand Jesus nun der Weg zur Hinrichtungsstätte auf Golgatha bevor. Wie jeder Verurteilte hatte auch er den schweren Querbalken SEINES Kreuzes durch die engen Gassen der Stadt dorthin zu schleppen. Seitdem ist die Redewendung „sein Kreuz tragen müssen“ zum Ausdruck für alles geworden, was ein Mensch unausweichlich an seelischer oder anderer Last zu schleppen hat. Davon ist kein Mensch ausgenommen. Sei es ein Schicksalsschlag, der das gewohnte Leben für immer aus der Bahn geworfen hat, eine Krankheit oder eine zerbrochene Beziehung oder sind es die Folgen einer früheren Fehlentscheidung – jede und jeder kann hier die eigene Kreuz – Geschichte erzählen. Wie sagt der „Volksmund“ so treffend: „Unter jedem Dach ein Ach!“ Wer ehrlich ist, wird auch sachlich feststellen müssen: Wir sind auch alle, ob bewusst oder unbewusst, daran beteiligt, dass andere ihr Kreuz zu tragen haben. Kann sein, dass wir etwas versäumten oder unterließen, was diesem Menschen wirklich weiter geholfen oder einfach nur gut getan hätte. Mag sein, dass durch unsere Unwissenheit oder Unachtsamkeit alte Wunden wieder aufgerissen wurden – auch hier ist die Palette der Möglichkeiten schier unbegrenzt. Sicher ist nur: Niemand auf dieser Welt sucht sich „sein“ Kreuz freiwillig aus und es bleibt am Ende nichts anderes übrig, als es auf sich zu nehmen. Das kostet Kraft, seelisch und körperlich. Jesus hat SEIN Kreuz auf sich genommen und unter größter Anstrengung getragen. ER hat SEINEN Kreuzweg durchgestanden, damit wir darauf vertrauen können, dass ER auf den Kreuz – Wegen unseres Lebens mit uns geht und uns den Weg weist, der Hoffnung schenkt.

Gebet:

HERR, unser Gott, wir danken DIR für alle Gaben und Möglichkeiten, die DU uns schenkst, unser Leid und die Not unserer Mitmenschen zu verringern oder zu bekämpfen, für die Erfolge in der medizinischen Wissenschaft, für die Arbeit der Hilfsorganisationen, für jede helfende Hand und tröstendes Wort.

Barmherziger Gott, hilf, dass wir diese Gaben erkennen und nutzen, damit das Leben menschlicher und freundlicher werden kann. Vergib, wenn wir versagen oder zu viele Schwierigkeiten sehen oder nach Ausreden suchen, um uns vor unserer Verantwortung füreinander zu verstecken.

HERR unser Gott, wir erleben immer wieder auch Leid, gegen das in menschlichem Ermessen nichts zu machen ist. Stehe allen bei, denen es widerfährt, stärke alle, die den Betroffenen nahestehen, gib ihnen Kraft, die Last ihres Lebens zu tragen und das Vertrauen in DEINE Liebe, in der niemand verloren gehen kann. Reiche den Sterbenden DEINE Hand und leite sie zu DIR und tröste die Trauernden mit DEINER Nähe, die in der Gemeinschaft lieber Menschen erfahrbar wird.

Barmherziger Gott, wir klagen DIR das Leid, das Menschen sich auf unsere Erde gegenseitig antun, vor allem die Kriege und jede Form von körperlicher oder seelischer Gewalt. Wir bitten DICH, erhelle den verstand aller, die Macht ausüben und lass sie ihre Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit erkennen, dass endlich Schritte unternommen werden, Gewalt und Kriege zu beenden.

HERR, unser Gott, wir bitten um DEINEN vergebenden Geist, der Enttäuschungen ertragen kann und immer geduldig bleibt, der tröstet und aufrichtet, wenn uns die Worte fehlen, der heilt und befreit, wo wir aneinander schuldig werden.

Erbarmender Gott, erhöre uns.

Amen.