Die fünfte Station: Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz zu tragen
Schriftwort: Matthäus 7, 24 -27
Jesus spricht: Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der wird einem klugen Mann gleichen, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.
Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der wird einem törichten Mann gleichen, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.
Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet hatte, dass sich das Volk entsetzte über seine Lehre; denn er lehrte sie mit Vollmacht.
Gedanken zum Text:
Diese Worte Jesu sind der Schlussakkord der Bergpredigt, eines der bekanntesten biblischen Texte überhaupt. Wer kennt sie nicht, die Seligpreisungen oder auch das Vaterunser oder die herausfordernden Weisungen wie: „Liebet eure Feinde“? Die Menschen, die diese Rede hörten, waren entsetzt, schreibt Matthäus. Sie spürten die starke Ausstrahlungskraft, die machtvolle Verbindlichkeit, die göttliche Vollmacht, mit der ihnen Jesus Gottes Wort verkündete. Authentisch, ehrlich, ungefiltert, horizonterweiternd, aber auch ernüchternd, weil die Zuhörer wohl auch die eigenen Lebensgewohnheiten und Denkmuster infrage gestellt sahen – und nicht nur die Zuhörer. Besonders auch die Autoritäten der Schriftauslegung, Schriftgelehrte genannt, und mehr noch die Oberen im Tempel konnten mit der Vollmacht Jesu und der Klarheit SEINER Worte nichts anfangen. Sie hielten sie einfach nur für gefährlich. Zu oft sprach ER für sie vom Endgericht, so wie im Gleichnis vom Hausbau. Nein, ER war kein Bauingenieur, der statische Vorgaben zum Hausbau bekanntgab, damit es den zu erwartenden Naturgewalten standhielt. Platzregen, Wasserflut und Sturm sind für IHN viel mehr: In der biblischen Tradition der Propheten (Jesaja 28) stehen sie für das heranbrausende Gericht des EWIGEN über die Sprücheklopfer und Spötter. Diesem Gericht kann nur mit gutem Ausgang entkommen, wer sein Haus auf Fels gebaut hat – oder wie Jesus selbst sagt: Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der wird einem klugen Mann gleichen, der sein Haus auf Fels baute. Das Wort Gottes hören und tun – darauf kommt es an. Jesus selbst lebt es vor. SEINE Kompromisslosigkeit in diesem Punkt wird IHM zum Verhängnis. Als ER die Händler aus dem Tempelvorhof vertreibt, werden die römischen Ordnungshüter endgültig nervös und die Tempeloberen jubeln insgeheim. Nur Stunden später befindet ER sich bereits auf dem Weg zur Hinrichtung.
Grafik: J. Reichmann
Gedanken zum Bild:
Wie lange soll der Weg zur Hinrichtungsstätte noch dauern? Jesus schleppt sich so mühsam dahin, dass die Henkersknechte ihren Feierabend in Gefahr sehen. Und das geht gar nicht! Denn je eher sie fertig werden mit ihrem mörderischen Job, um so eher können sie eintauchen in die Volksfestatmosphäre der Stadt. Da kommt ihnen die rettende Idee: Sie greifen kurzerhand einen der Schaulustigen vom Gassenrand heraus und befehlen ihm, den Querbalken des Kreuzes mit zu tragen. Ihre Willkür und ihr Machtrausch kennen keine Grenzen. Simon von Kyrene weiß nicht recht, wie ihm geschieht. Ausgerechnet ihn hat es erwischt! Ausgerechnet ihn starren jetzt alle an: Die Zuschauermenge, die Soldaten. Simon, den Fremdarbeiter aus dem Gebiet des heutigen Tripolis in Libyen, den Mann mit Migrationshintergrund, der mit dieser ganzen Sache hier eigentlich nichts zu tun haben will. Nur eben mal mit zugucken will er, was da los ist. Aber hinein gezogen werden in diese Geschichte – das ist alles andere als sein Plan. Doch weglaufen geht nicht – er muss sich fügen und sehen, dass er irgendwie aus der Sache wieder heraus kommt. Die beiden unter dem Kreuzbalken halten zusammen, im wahrsten Sinn des Wortes. Gemeinsam tragen sie das Kreuz, halten den schweren Balken im Gleichgewicht und geben auch einander Halt.
Bedauernswert, dieser arme Zuschauer am Rand, der ohne Vorwarnung hineingezogen wird ins Zentrum des Geschehens, oder? Oder ist er selber schuld, weil er unbedingt in der ersten Reihe stehen musste? Die Meinungen werden sicher auseinander gehen – aber tauschen möchte niemand mit ihm. Auch heute werden Menschen gegen ihren Willen gezwungen, das Kreuz anderer zu tragen. Es bleibt ihnen keine Wahl. Angehörige brauchen plötzlich und dann für lange Zeit Hilfe und Pflege. Mit viel Liebe versorgen die Menschen die hilflose Mutter oder den Vater – und haben sich doch das eigene Leben ganz anders vorgestellt, stellen alle eigenen Pläne zurück. Aus der Sicht der Hilflosen ist das meist der einzige Weg, weiter ein Leben in den vertrauten Wänden zu führen. Und so werden die Helfer für Engel ohne Flügel für sie. An wen denken wir, denke ich, wenn ich Simon von Kyrene vor mir sehe? Wer ist in meiner Bekanntschaft oder in meiner Familie zurzeit in der Rolle des Simon? Könnte ich sie oder ihn für ein paar Stunden entlasten? Sind wir uns bewusst, dass wir selbst einmal ganz dringend einen solchen Helfer wie Simon gebrauchen könnten?
Das führt uns auf direktem Weg zurück zur Bergpredigt. Jesus fasst wenige Sätze vor dem Gleichnis vom Hausbau SEINE Worte zusammen: Behandle jeden Menschen so, wie du selbst behandelt werden möchtest.
Daran orientieren sich auch die Frauen der Weltgebetstagsvorbereitungsgruppe in Vanuatu. Sie verstehen das Gleichnis vom Hausbau als einen Impuls, sich für eine friedlichere und gerechtere Gesellschaft in ihrer Heimat einzusetzen. Da gibt es noch viel zu tun. Vor allem Frauen und Mädchen sind an vielen Stellen benachteiligt. Sie werden auch oft Opfer von Gewalt, denn es gibt nur wenige Arbeitsmöglichkeiten außerhalb des Tourismus auf dem Land und sehr viele Menschen sehen keine Perspektive für sich.
Wir haben sicher andere Sorgen in unserem Lebensbereich. Aber die Krise verschärft auch viele Probleme, bei deren Bewältigung wir als Gemeinden in den nächsten Jahren gefragt sein werden. Auch wenn das vielleicht nur kleine Schritte sein können, sie werden gesegnet sein. Es nicht probiert zu haben, wäre das Haus auf Sand. Amen
Gebet:
HERR, unser Gott, wir bitten DICH für alle, die unter der Last ihres Kreuzes schwanken, die sich schwach hilflos fühlen angesichts ihres Schicksals. Stehe ihnen bei und stärke ihr Vertrauen in sich selbst und in DEINE Liebe, die neue Wege weist.
HERR, unser Gott, wir bitten DICH auch für alle, die ganz unverhofft oder sogar wider willen wie Simon von Kyrene zu Helfern werden müssen. Gib ihnen die Kraft, dass sie zu ihrer Verantwortung stehen können.
HERR, unser Gott, wir danken dir für jeden Menschen, der uneigennützig und bescheiden hilft, wo er kann und wo er gebraucht wird. Durch sie wird DEINE Liebe spürbar in unserer Welt.
HERR, unser Gott, öffne uns die Augen, dass wir DICH erkennen in jedem einsamen Menschen, in jedem, dem das Leben weh tut, der leidet unter Worten oder Händen Herzloser. Gib uns den Mut, DIR in ihnen beizustehen.
Amen
Beten wir das Vaterunser:
Vater unser im Himmel
geheiligt werde Dein Name
Dein Reich komme
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen
Es segne uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
AMEN