Text: Galater 6,2 (Wochenspruch)
Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.
Gedanken zum Text:
Lasten tragen – was, schon wieder oder immer noch? Haben wir nicht eine lange, belastende Zeit hinter uns? Also, von Lasten will jetzt niemand mehr etwas hören. Jetzt ist Sommer und Corona scheint (hoffentlich!) Pause zu machen! Lebensfreude ist angesagt, ungezwungen das Leben genießen, kurz: endlich wieder frei zu sein. Und außerdem: Was soll ich mit der Last der anderen? Muss nicht jeder für sich selbst sorgen und mit sich selbst fertig werden? Und wenn schon einmal etwas unbedingt für andere zu tun ist, dann wird abgerechnet. Der Einsatz muss etwas bringen. Gott sei Dank denkt nicht jeder so. Sonst würde es bald kein gemeinschaftliches Leben im Ort oder im Land geben. Manche sind auch tatsächlich am Limit mit der Last, die sie zu stemmen haben. Da ist es mehr als verständlich, wenn sie sagen: Noch mehr geht nicht und will ich bitte schön auch nicht! Ja, jeder hat Grenzen und es ist nicht gut, diese nicht erkennen zu wollen. Sonst kommt es zur ungesunden Überlastung. Und spätestens dann geht es gar nicht anders: Wir brauchen einen Mitmenschen, der uns eine Last abnimmt. Das kann eine seelische Last sein, die wir in einem vertrauensvollen Gespräch abgeben können. Oft sind es auch ganz praktische Dinge, die uns im Alltag zur Last geworden sind. „Einer trage des anderen Last…“- das ist kein schwermütiger Satz, der nichts von Freude wissen will. Das ist ein Satz, der Erleichterung verschaffen möchte, indem er uns erinnert: Wir leben in Gemeinschaft, in Beziehungen. So wollte Gott es von Anbeginn. Nur ist das nicht so einfach, Lasten abzugeben, die eigenen Grenzen zu akzeptieren, die ja so schnell als Schwäche gedeutet werden könnten. Und noch viel schlimmer: Den anderen meine Last, meine Schwäche zuzumuten, das empfinden viele fast als ungehörig – zumindest in der älteren Generation. Wie oft höre ich in Trauergesprächen den Satz: „Er oder sie wollte niemandem zur Last fallen“. Es mag Bescheidenheit und auch eine Portion Scham aus diesem Vorsatz sprechen. Aber ist das Leben nicht von Anfang bis Ende ein geben und nehmen?
Der Satz geht weiter: „…so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Das Wort „Gesetz“ steht hier als Ausdruck für das verbindliche Gotteswort, für die Weisung des EWIGEN, die zum Leben führt. Sie führt zu einem wirklich tragfähigen Miteinander, in guten, ungezwungenen Zeiten und erst recht in Krisenzeiten.
Stadtkirche Pößneck Foto: Privat (J. Reichmann)
Gedanken zum Bild:
„Einer trage des anderen Last…“- wie oft werden diese Worte gesprochen worden sein in unserer Stadtkirche im Laufe ihrer jahrhundertelangen Geschichte? Und vor allem: Wie oft werden sich hier Menschen versammelt haben, die gebeugt waren unter der Last ihres Lebens? Menschen, die hier dem HERRN ihr Leid klagten von Krieg und Not, von Krankheit und Trauer, von Armut und Verzweiflung. Denn all das war gegenwärtig im Leben der Menschen. So materiell versorgt und oft auch unbesorgt wie wir zu leben, das konnten sie sich nicht vorstellen. Die Kirche ein Rückzugsort, ein Ort der Stärkung und Vergewisserung. So haben wir sie auch erleben dürfen im Jahr der friedlichen Revolution, nach dem Attentat im Gutenberggymnasium und in den Friedensgebeten zur Zeit des Golfkrieges. Da kamen auch viele Außenstehende zu den Andachten und Gottesdiensten, selbst als es in der untergehenden DDR noch einigen Mut kostete. In der heißen Phase der Pandemie haben wir so bald wie möglich die Kirche wieder geöffnet. Zunächst zum stillen Gebet, aber bald darauf zur Andacht und zum Gottesdienst. Der Andrang der Menschen blieb leider aus. Andererseits entstand in der Pandemie auch viel Neues – wie zum Beispiel diese Andachtsreihe. Nur: Ein „Ersatz“ für den gemeinsamen Gottesdienst in den Kirchen und Gemeinden kann und will das Neue nicht sein. Gut ist, wenn es noch mehr Verbindungen knüpft, damit wir das Gesetz Christi erfüllen können.
Gebet:
HERR, unser Gott, wir danken DIR, dass DU unsere Welt erhellst durch DEINE Liebe, die uns in DEINEM Sohn Jesus Christus begegnet.
HERR, wir bitten DICH für uns, dass unsere Augen mehr sehen können als die Schwächen und Fehler der anderen. Schenke uns Demut und Bescheidenheit, auch unsere eigenen Fehler wahrzunehmen und unsere Grenzen zu akzeptieren.
HERR, wir wir bitten DICH für alle Menschen, die nur noch das Schlechte sehen können in der Welt und die mit ihren Nachbarn in Unfrieden leben. Öffne ihre Augen für das Schöne und zeige ihnen Wege zur Versöhnung und zum Neuanfang.
HERR, wir bitten DICH für alle Kranken: Steh ihnen bei, stärke ihre Lebenskraft und geleite sie durch die Zeit ihres Leidens in DEINE Zukunft. Sei auch bei ihren Angehörigen, schenke ihnen Geduld und Kraft, immer da zu sein, wenn sie gebraucht werden.
HERR, wir bitten DICH, für alle Trauernden: Lass auch sie Menschen finden, auf die sie sich verlassen können. Die ihnen nahe sind und helfen, den Schmerz zu tragen und neuen Lebensmut zu finden.
HERR, öffne unsere Augen für die Spuren DEINER Liebe in unserer Welt und unserem Leben.
Schenke uns DEIN Erbarmen, damit DEIN Reich komme. Amen
Beten wir das Vaterunser:
Vater unser im Himmel
geheiligt werde Dein Name
Dein Reich komme
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen
Es segne uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
AMEN