Mitten im grauen November begehen evangelische Christen einen Feiertag, an dem es weniger um Feier und Geselligkeit, viel mehr um Innerlichkeit und Besinnung geht, den Buss- und Bettag (Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr, dem Ewigkeitssonntag/ Totensonntag – seit 1893). Nur in einem Bundesland, nämlich Sachsen ist dieser Tag noch ein gesetzlicher Feiertag und damit arbeitsfreier Tag. In den anderen Bundesländern wurde er 1995 mit der Einführung der Pflegeversicherung als Pflichtversicherung – 14 Jahre nach seiner Wiedereinführung abgeschafft. Dieser Tag wurde ursprünglich nicht von der Kirche „erfunden“, sondern bestimmte „Busstage“ gab es bereits in der Antike. In Krisen- und Notzeiten sollten mit einer Sühne die Götter gnädig gestimmt werden.

Trotz der Kritik Martin Luthers an Fasten- und Busstagen sind in der Reformationszeit an manchen Orten monatliche Buss- und Bettage in den Kirchenordnungen überliefert. Oft wurden sie aus aktuellem Anlass durchgeführt (Türkengefahr, Bedrängnis im Dreißigjährigen Krieg, in anderen Notzeiten). 1532 ordnete der Kaiser Karl V. in Straßburg den ersten Buss- und Bettag an. Buss- und Bettage hatten ursprünglich öffentlichen Charakter. Die Bevölkerung wurde angesichts von Gefahr und Not zu Buße und Gebet aufgerufen. Dieser Charakter ging mit der Zeit verloren und machte ein auf dem einzelnen bezogenen Verständnis von Buße Platz. Hintergrund dafür war die Individualisierung der Religion und des Glaubens. Heute wird der Buss- und Bettag auch zu ökumenischen Bittgottesdiensten für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung genutzt.

Buße im Christentum beschreibt das „Bemühen um Wiederherstellung eines durch menschliches Vergehen gestörten Verhältnisses zwischen Gott und den Menschen“. Jesus Christus gilt als „Sühnopfer“ für Erbsünde und die Sünden der Menschen. Buße (Umkehr, Umorientierung, Wiedergutmachung) scheint heute relativ veraltet zu sein.

Buße setzt voraus, dass ich anerkenne, dass ich Fehler mache. Katholische Christen gehen zur Beichte. Sie ist ein Sakrament. Mit dem Pfarrer wird dabei über die erkannten Fehler gesprochen und darum gebetet, dass Gott sie verzeiht. Voraussetzung ist allerdings, dass dem, der sich dazu bekennt auch die Fehler leidtun und er sie auch nicht nochmals tun würde. Für evangelische Christen gibt es Beichte in Form von seelsorgerlichen Gesprächen, aber auch als persönliches Schuldbekenntnis und Bitte um Gottes Vergebung.

Insofern ist Buße Abkehr von Sünde und Zuwendung zum vergebenden, gnädigen Gott, der Menschen immer wieder die Chance gibt, neu anzufangen, auch wenn sie versagt haben. Sie gehört zum Leben eines Christen hinzu und zeigt sich in der Besinnung und im Gebet. Zum Nachdenken über die eigenen Fehler dienen z.B. die Zehn Gebote.

„Der Buss- und Bettag erinnert daran, dass ich jeden Tag umkehren kann, gibt aber auch der Gesellschaft Gelegenheit, inne zu halten, den eigeschlagenen Kurs zu überprüfen und wenn nötig, zu korrigieren.“ Es gehört Mut dazu, sich den eigenen Fehlern und Schattenseiten zu stellen, sie nicht zu verleugnen, sondern sie anzuerkennen und auch anzunehmen. Der Buss- und Bettag schafft so ganz neue Einblicke und Ausblicke in das Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft und hilft zur Veränderung und Entwicklung.

(Foto: Ute Thalmann, privat)

Umkehr durch Liebe

Zu einem Rabbi kam einmal eine Mutter und klagte, dass ihr Sohn sich vom jüdischen Glauben losgesagt habe. Das ist für jüdische Eltern das Schlimmste, was sie sich vorstellen können. Die Mutter sagte dem Rabbi, ihr Mann und sie hätten alles versucht. Sie hätten dem Sohn gedroht, sie hätten ihn geschlagen, sie hätten den Sohn enterbt, sie wüssten nicht mehr, was sie noch tun sollten, um ihren Sohn zur Umkehr zu bringen.

Was sie denn noch tun könnten. Der Rabbi schwieg lange. Dann sagte er zu der Mutter: Liebet ihn mehr denn je.

(Verfasser unbekannt)

Für den Artikel: Ute Thalmann

(Quellen: Kirchenjahr evangelisch, Besinnung am Morgen, K.H. Bieritz – Das Kirchenjahr, Anselm Grün-. Die Beichte, www.katholisch.de, www.luther2017.de)